Das Büro ist nur ein Tool der Kollaboration
Du beschäftigst Dich tagtäglich mit Werkzeugen, die Arbeit moderner, schneller und besser machen. Was ist für Dich als Unternehmer schwieriger – ein gutes Tool oder einen guten Mitarbeiter zu finden?
Einen guten Mitarbeiter, ganz klar.
Warum?
Es gibt sicher sehr viele talentierte und kompetente Mitarbeiter. Doch die Frage, die man sich stellen muss, ist eine andere: Für welches Unternehmen ist dieser Mitarbeiter mit seinen persönlichen Zielen und Werten gut und für welches ist er das nicht?
Wie meinst Du das?
Jemand kann alle Kompetenzen mitbringen, aber nicht zu meinem Unternehmen passen oder umgekehrt - das Unternehmen zu ihm. Es geht um Verhaltensweisen und Werte, die passen müssen. Bei meinem Unternehmen Blackboat ist das entscheidend: Wir müssen die gleichen Werte leben und ein gemeinsames Ziel verfolgen. Wir arbeiten extrem autonom, frei und selbstverantwortlich. So viel Freiheit ist nicht jedermanns Sache, wenn man in einem Team arbeitet, da man nicht die Freiheit der anderen beschränken sollte.
Was sind das für Werte?
Freiheit ist ein ganz wichtiges Stichwort. Und Unbefangenheit. Ich möchte, dass meine Mitarbeiter allen Veränderungen und Tools offen gegenüberstehen. Und ich möchte, dass sie ihre Arbeit frei organisieren, und zwar so, dass sie nicht die Freiheit der Kollegen beeinträchtigen.
So viel Freiheit ist nicht jedermanns Sache.
Das klingt für manche sicher kompliziert.
Eigentlich ist es ganz einfach. Wenn jemand im Homeoffice arbeitet, ist das vollkommen okay - ehrlich gesagt ist es mir egal, wo jemand arbeitet. Und dass jemand krank wird, kann jederzeit passieren. Jedoch muss die Arbeit so organisiert sein, dass Kollegen im Krankheitsfall ohne Einschränkung weiterarbeiten können. Wird jemand krank und hat seine Arbeiten nur auf dem eigenen Laptop gespeichert, ist das schlecht. Die Freiheit des Kollegen, der diese Arbeiten benötigt, wird beeinträchtigt. Er kann seinen Job nicht erfüllen. Liegen die Dateien für jeden verfügbar in Drive, alle Informationen im CRM, die wichtigen Details im Kalender und wurde immer offen in Gruppen kommuniziert, gibt es dieses Problem nicht.
Wie findest Du heraus, dass die Bewerber die richtigen sind?
Ich kann mittlerweile gut zwischen den Zeilen lesen. Wir haben als Unternehmen recht viel Präsenz. Nach vielen Informationen und Details muss man nur googlen, mehr nicht. Wer sich Mühe macht und recherchiert, findet viel über uns heraus. Und bei manchen kann man zwischen den Zeilen lesen, dass sie sich sehr gut informiert haben, wissen, was sie wollen und ob das passt.
Woran erkennst Du in der Zusammenarbeit, ob es wirklich “passt”?
Oft an den kleinen Details. Frage ich bei einer Keynote-Präsentation eine Kollegin oder einen Kollegen, ob er mir eine Datei raussuchen kann, ist das ein guter Test. Manche werden panisch, wissen nicht, wo sie suchen müssen. Andere hingegen bleiben ruhig und finden ganz schnell die richtigen Informationen. Das klingt nach einer Kleinigkeit, ist jedoch eine grundlegend andere Haltung als früher, als man gesagt hat, “das Unternehmen muss mir alles zur Verfügung stellen.”
Das Smartphone ist das derzeit beste Tool, das uns zur Verfügung steht.
Zu einem anderen Thema: Sind Dein Podcast "On the Way to New Work" und Dein YouTube-Channel Kanäle, mit denen Du Bewerbungen akquirierst?
Der Podcast und das Buchprojekt sind ein sehr leidenschaftliches Hobby von Michael Trautmann und mir. Der YouTube-Channel ist aus meiner Leidenschaft für das Filmen entstanden und beides hilft bei guten Bewerbungen, aber das war völlig ungeplant. Der Kanal ist eine gute Möglichkeit zu zeigen, wie man arbeitet und was man erreichen möchte. Das bringt Aufmerksamkeit und triggert die richtigen Kandidaten.
Die Arbeit von Orten und Geräten lösen
Wie kamst Du eigentlich zu dem, was du machst?
Ich hatte schon als Schüler zwei Firmen gegründet. Eine machte Catering, die andere organisierte Partys. Als ich mit der Klasse in Griechenland war, erlebte ich das erste Mal die Freiheit, von überall arbeiten zu können. Ich hatte mir eines der ersten Handys an der Schule gekauft und konnte nach Deutschland telefonieren und die Abende organisieren. Ich konnte ortsunabhängig meinen Job machen, auch wenn es damals noch sehr teuer war. Ich habe sofort verstanden, was mit den neuen Technologien möglich sein wird. Und das waren noch die guten alten Nokia Telefone. Seitdem ist mein Interesse an Möglichkeiten, das Arbeiten durch Technologie und den richtigen Umgang freier und effektiver zu machen, immer weiter gestiegen.
Du wirst Dich sicher über das Smartphone gefreut haben.
Das Smartphone ist das derzeit beste Tool, das uns zur Verfügung steht. Nur nutzen viele Menschen das Potenzial nicht und lassen sich so eher von dem Tool steuern als umgekehrt. Mit den richtigen Tools kann man allein mit diesem einen Gerät eine ganze Firma steuern. Von unterwegs, von zuhause, von überall. Deshalb ist es schade, dass viele Unternehmer das noch nicht verinnerlicht haben. Sie denken, dass eine Firma nur aus dem Büro geführt werden kann, und begreifen nicht, dass das Büro nur ein "tool" der Kollaboration ist. Genauso vergessen viele, dass ich selbst entscheiden kann, ob ich mich benachrichtigen lasse oder eben nicht.
Hat das Smartphone bei Dir den Laptop verdrängt?
Ich bin nur noch mit dem Smartphone unterwegs. Ich schreibe alle Texte, halte alle Präsentationen und mache auch im Büro mit einer Docking Station alle Arbeit von dem Gerät. Und wenn ich mal den Bildschirm wechseln muss, dann ist das dank der Cloud Tools heute auch kein Problem mehr. So hat sich die Arbeit nicht nur vom Ort, sondern auch von den Geräten gelöst. Wir können uns also wieder auf die Inhalte konzentrieren.
Die nächste große Welle, “künstliche Intelligenz” und maschinelles Lernen, steht vor der Tür und wir befassen uns noch mit den Fragen von gestern.
Bei Aussagen wie dieser denke ich an das "Verschlafen" von Trends. Bekannte Unternehmer und Investoren sagen zurzeit oft, dass Deutschland digitale Trends verpasse. Ich frage anders: Welches Tool verschläft Deutschland?
Viele Unternehmen haben es versäumt, frühzeitig cloudbasiert zu arbeiten. Dabei ist das ein Standard geworden, ohne dass viele es gemerkt haben. Stattdessen konzentrieren sie ihre Ressourcen auf interne Server und auf Programme auf dem Desktop. Die nächste große Welle, “künstliche Intelligenz” und maschinelles Lernen, steht vor der Tür und wir befassen uns noch mit den Fragen von gestern. Sich als Unternehmen von anderen Unternehmen abzuschauen, wie man schneller werden kann, und das dann auch umzusetzen, ist ein wichtiger Faktor. Das war es immer schon und wird auch noch lange Zeit so wichtig bleiben.
Was kann man als Unternehmen tun?
Coaching. Man muss Mitarbeitern zeigen, wie die Werkzeuge funktionieren und was sie bewirken. Vor allem aber zeigen, dass man auch das Lernen lernen kann. Ich muss mich immer wieder von alten Verhaltensweisen lösen, um etwas Neues zu verstehen und anzuwenden. Nur dann erfüllen Tools ihren Zweck. Und nur dann kann ich als Unternehmen neue Entwicklungen erfolgreich mitgestalten.
Hast Du ein persönliches Lieblingstool?
Mein Smartphone, derzeit ein Galaxy S8+. Außerdem bin ich bei Whatsapp ein "heavy user" und im Unternehmen nutze ich Slack. Aber vor allem sind es die geteilten Dokumente, in denen wir auch dieses Interview geschrieben haben, die die Arbeit vereinfachen. Hier sollte man gut prüfen, ob man die Lösungen von Google oder Microsoft präferiert. Eine Bauchentscheidung für ein komplettes Formen-Setup ist keine gute Idee. Da hängt zuviel dran.
Und die gute alte E-Mail?
Ich schreibe noch E-Mails und die werden auch nicht so schnell verschwinden. Ich habe sie aber schon lange als mein primäres Arbeitstool aus dem Alltag verbannt.
Ein gutes Tool funktioniert ohne Friktionen.
Was macht eigentlich ein gutes Tool aus?
Ein gutes Tool funktioniert ohne Friktionen. Ich klappe meinen oder irgendeinen Rechner auf, logge mich in den Browser ein und dann kann ich sofort mit Kollegen an einem Projekt arbeiten. Vollkommen egal, ob ich am eigenen Küchentisch sitze, im Büro oder im Lieblingscafé - und vor allem: vollkommen egal, ob ich jetzt deinen oder meinen Rechner nehme.
Wann arbeitest Du eigentlich nicht?
Definitiv am Freitagnachmittag. Da hole ich meine Kinder ab. Da muss schon viel passieren, dass ich das ausfallen lasse. Das gilt auch, wenn eine Keynote oder ein Projekt hoch dotiert ist. Der Freitagnachmittag ist mir heilig.
Wie splittet sich Deine Zeit auf in puncto Homeoffice, Reisen und Büro?
Das kann ich nicht pauschal sagen, es ist immer unterschiedlich. Es gab im vergangenen Jahr Zeiten, da habe ich nur 20 Prozent im Büro verbracht und die restliche Zeit von zuhause oder unterwegs gearbeitet. Bei uns ist das Büro auch nur ein Tool für die Zusammenarbeit. Zu beachten ist: Es muss nicht immer das richtige Tool sein.
Bei Dir genießen die Angestellten viele Freiheiten. Wo wird effektiver gearbeitet – in Büros oder in den eigenen vier Wänden?
Auch das ist immer unterschiedlich. Dabei kommt es nicht nur auf den Mitarbeiter an, sondern auf die Umgebung und welchen Einfluss diese auf die Aufgaben nimmt. Ein Arbeitsplatz ist ja, wie gesagt, nichts anderes als ein Tool. Muss ich viel schreiben und individuell planen, ist das ruhige und private Arbeitszimmer das bestmögliche Werkzeug. Keine Ablenkung, kein klingelndes Telefon. Genauso sind Meetings und der gegenseitige Austausch Werkzeuge, die sehr effektiv sein können.
Wie kündigst Du?
Man kann sagen, dass Du auf deinem Gebiet eine Koryphäe bist. Was sind die Arbeitsschwerpunkte, die Dir schwerfallen?
Ich lass mir manchmal zuviel Zeit bei Entscheidungen, die getroffen werden müssen, mir aus zwischenmenschlichen Gründen aber schwer fallen. Durch diese Verzögerung können Probleme entstehen. Zwischenmenschlich, aber auch für das Unternehmen.
Ich habe in eurem Podcast einen Unternehmer gehört, der sagte, dass er nicht kündigen kann und diesen Job andere machen lässt.
Mir fällt es auch schwer. Aber es gehört zu meinen Aufgaben.
Wie kündigst Du?
Ein ruhiges Gespräch, in dem wir erarbeiten, warum es nicht gepasst hat. Ich versuche, die Mitarbeiter mitzunehmen, ihnen die Entscheidung zu erklären. Ganz wichtig ist mir zu sagen, dass ich diesen Schritt nicht tätige, weil ich das Können anzweifle - es sei denn das ist natürlich der Fall und wir haben es nicht vorher rausgefunden. Sondern eher, weil es nicht richtig harmoniert. Zum Glück sind wir ein wachsendes Unternehmen. Wir stellen deutlich mehr ein als dass wir Mitarbeiter entlassen.
Christoph, gibt es ein Thema, über das Du gerne redest?
Es gibt viele Themen, die ich spannend finde, über die ich reden und diskutieren mag.
Über welches würdest Du jetzt am liebsten reden und diskutieren?
Ich finde KIs, künstliche Intelligenzen, spannend. Vor allem wie die Menschen darauf reagieren. Mich ärgert, dass die Grundhaltung vor diesem Fortschritt so negativ ist. Bei vielen schleicht sich sofort das apokalyptische Denken ein. Als ob die Welt unterginge. Letztens hat mir einer unser Gäste im Podcast erklärt, dass genau das in der Menschheit weit verbreitet ist und gar nicht mal mit dem eigentlichen Thema zusammenhängt. In fast allen großen Religionen ist die Apokalypse ein Thema. Vielleicht tröstet der Gedanke, dass es alle gleichzeitig erwischen kann, die Menschen. KI ist nicht ungefährlich, aber es hilft nicht, sofort jede Entwicklung zu verdammen. Wir müssen verstehen, was da passiert, um etwas Gutes damit bewirken zu können.
Was versprichst Du dir von KIs?
Erst einmal wünsche ich mir, dass wir weniger emotional bewerten und entscheiden. Sondern zunächst die ungewohnte Sache annehmen, sie ausprobieren und dann ein fundiertes Feedback geben. Das wäre schlauer. Als das Smartphone auf dem Markt kam, gab es ja ähnliche Töne. Es lenke uns von der Arbeit ab, reduziere die Kommunikation - solche Thesen eben. Am Ende ist der Nutzen oder Nichtnutzen eines Gerätes oder eines Tools doch allein davon abhängig, wie wir es einsetzen und zu welchem Zweck.
Welches Tool, das es heute noch nicht gibt, wünschst Du Dir für die Zukunft?
Eines, dass es möglich macht, mehrere Termine gleichzeitig wahrzunehmen. Ich habe jetzt in sechs Minuten die nächste Verabredung. Mit so einem Tool könnte ich unser Gespräch fortsetzen und gleichzeitig die andere Verpflichtung einhalten. Der Facebook Messenger Chat Bot schafft das wohl noch nicht. Zumindest jetzt noch nicht.
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Wir leiten die besten Fragen an Christoph Magnussen weiter. Die Antworten veröffentlichen wir anschließend hier unter dem Ursprungsartikel.
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