Mich nervt der Abgesang auf Facebook
Online Marketing

Mich nervt der Abgesang auf Facebook

Sebastian Heinz arbeitete als Koch im Catering, später gründete er mit Foodboom eines der spannendsten deutschen Facebook-Businesse. Im Interview erzählt er, warum er trotz aller Kritik weiter an Facebook glaubt.

von Hannes Hilbrecht
Die Gründer von FOODBOOM: Hannes Ahrendholz und Sebastian Heinz. © Foodboom

Jede Aufgabe, die vor uns liegt, ist immer die schwerste Aufgabe.

Sebastian, das wichtigste zu Beginn: Wie habt ihr es geschafft, eine so große Community aufzubauen?
Wir sind besessen von gutem Essen und somit auch von Kochen. Hannes, mein Co-Gründer, und ich bringen sehr unterschiedliche Stärken mit, haben aber haargenau die gleiche Vision vor Augen, was Foodboom sein soll. Ich denke, dass unsere Community das spürt und deswegen auch unseren Content so liebt.

Was soll Foodboom denn sein?
Foodboom ist die digitale Antwort auf die Frage: Wie kann ich mich heute abwechslungsreich und mit Spaß ernähren? Wie kann ich gesund und mit Freude kochen? Foodboom ist die zentrale Anlaufstelle, wann immer Du Inspiration zum Kochen brauchst oder wünschst.

Was war die schwierigste Aufgabe, die ihr auf eurem Weg zu Millionenreichweiten zu meistern hattet?
Jede Aufgabe, die vor uns liegt, ist immer die schwerste Aufgabe. Das ist ein Mantra von uns, damit wir es uns nicht zu bequem machen und nicht ein bisschen nachlassen, sondern stets weiter Vollgas geben.

Wenn Du heute nochmal von vorne anfangen müsstest - was würdest Du anders machen? Ist es heute überhaupt noch möglich, Facebook als Wachstumskanal zu nutzen?
Wir würden vieles anders machen, weil wir natürlich ein bisschen klüger sind als bei der Gründung. Es wäre ja schlimm, wenn man nicht jeden Tag etwas lernen würde. Ganz sicher würde Facebook auch weiterhin ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Strategie sein. Facebook ist, bei aller berechtigter Kritik, nicht einfach so das weltweit größte Social Network geworden, sondern weil es seinen Mitgliedern die meisten Möglichkeiten und natürlich auch das größte Netzwerk bietet. Und weil das auch in zumindest absehbarer Zukunft so sein wird, würden wir auch wenn wir heute gründen würden, erneut sehr stark auf Facebook setzen. Wir gehen mit unserer Marke und unserem Content grundsätzlich überall hin, wo unsere Zielgruppe ist.

Was hast Du in der Küche gelernt, das Dich noch heute im Unternehmer-Alltag unterstützt?
Nichts funktioniert ohne die entsprechend gute Vorbereitung. Wenn du dir erst beim Kochen Gedanken über die Zutaten machst, hast du als professioneller Koch schon verloren. Gleichzeitig musst du spontan genug sein, um auf unerwartete Ereignisse zu reagieren und solltest auch hier und da den Mut aufbringen, mit neuen Zutaten zu experimentieren und Neues zu wagen. Und das Allerwichtigste: Die besten Ergebnisse erzielt man im Team. Damit Teams gut funktionieren, braucht es die entsprechende Führung und eine klare Vision.

Wie siehst Du Facebook nach den Datenskandalen? Erwartest du eine “Löschwelle”?
Nein. Weil die meisten Menschen sich überhaupt nicht für diese Art von Skandalen interessieren. Facebook wird für uns als Nutzer so lange relevant bleiben, wie es uns als Nutzer die meisten Möglichkeiten und das größte Netzwerk bietet. Kommt irgendwann der Tag, an dem Facebook diese Versprechen nicht mehr halten kann, wird ein anderer Player Facebook abgelöst haben.

Grundsätzlich investieren wir immer am stärksten in unsere Marke und unseren Content.

Ihr seid ja, gewissermaßen, auch ein Facebook-Business. Habt ihr einen Plan B?
Natürlich. Es wäre unverantwortlich, wenn wir uns zu 100 Prozent auf Facebook verlassen würden. Grundsätzlich investieren wir immer am stärksten in unsere Marke und unseren Content, denn beides ist “mobil” und nachhaltig. Daneben haben wir im letzten Jahr eine zentrale Plattform aufgebaut, die unseren Content und auch alle Nutzerdaten zentral verwaltet und diese über Schnittstellen für die diversen Frontends bereitstellt. Darüber sind wir sehr flexibel, was neue Kanäle angeht und rollen in Kürze zum Beispiel das Thema Voice sehr stark aus.

Joe Pulizzi, der Gründer des Content Marketing Institutes, hat uns gesagt, dass Facebook und YouTube nur trügerische Reichweiten bieten. Trügerisch, weil niemand weiß, wie lange man sie wie nutzen kann. Wie wichtig ist mittlerweile eure eigene Website als Plattform?
Sehr wichtig. Natürlich. Weil wir auf unserer Website selbst die Regeln definieren und machen können, was wir wollen. Aber auch die Website ist nur ein Baustein von vielen, definitiv aber mit Hub-Charakter, der als Anlaufpunkt für andere Kanäle dient.

Immer noch begeistert am Herd: Sebastian Heinz. © Foodboom

Sinkende organische Reichweiten auf Facebook sind sicher auch euch bekannt - wie ist eure Strategie dagegen?
Guter Content. Im Ernst: Mich nervt der Abgesang auf Facebook. Es gibt wie gesagt gute Gründe, Facebook zu kritisieren. Gleichzeitig empfinde ich diese Kritik auch als sehr scheinheilig, weil auch die lautesten Kritiker Facebook nicht den Rücken zuwenden, sondern fast schon schizophren auftreten und die Plattform weiterhin sehr intensiv nutzen, obwohl sie doch angeblich fast alles falsch und schlecht macht. Wenn dein Content relevant und einzigartig für deine Zielgruppe ist, funktioniert er auch weiterhin.

Gerade Beiträge mit Links mag Facebook meistens nicht gerne, für einen Publisher sind die aber natürlich wichtig - was ist hierbei Euer Ansatz?
Nativer Content ist die Antwort. Wer sagt denn, dass Publisher Nutzer immer aus Facebook raus locken müssen? Wir haben einen Weg gefunden, wie wir unseren Content auch auf Facebook gut monetarisieren können.

Wie sieht Eure aktuelle Content Strategie auf Facebook aus? Geht ihr mit bestimmten Inhalten gezielt auf eine ausgewählte Zielgruppe ein?
Natürlich. Es macht ja absolut keinen Sinn, wenn man auf einem großen Datenschatz sitzt und diesen nicht nutzt. Targeting ist das A und O, um Menschen das zu geben, was sie suchen und was sie dankend annehmen.

Wir bringen Social into Social.

Schafft ihr es, Traffic durch Instagram zu generieren?
Ja, uns gelingt das – aber es ist nicht unser primäres Ziel. Nativer Content heißt auch, dass man den Menschen das bietet, wonach sie suchen. Auf Instagram ist das Inspiration. Wenn wir rauslinken, geben wir ihnen etwas, was sie nicht wollen. Das ist im höchsten Maße respektlos und widerspricht unserer Überzeugung.

Was kann man von Euch in Zukunft erwarten - was ist an neuen Projekten, Formaten geplant?
Wir diversifizieren unseren Content und schauen, wie man Food auf ungewöhnliche Weise inszenieren kann – z.B. über Reisen. Da haben wir tolle Dinge geplant und werden dieses Jahr auch einige Tests fahren. Daneben optimieren wir immer weiter unsere verschiedenen Touchpoints und rollen neue aus.

Welchen großen Trend im Bereich Social darf man auf keinen Fall verpassen?
Wir bringen Social into Social. Im Ernst: Wir glauben, dass man auch als größere Social Brand vor allem. das Thema "Personality" nicht vernachlässigen sollte. Deswegen setzen wir 2018 verstärkt auf echte Menschen, zu denen man eine Beziehung aufbauen soll.

Nutzt ihr Ads auf Sozialen Kanälen?
Ja, das machen wir. Pauschal können wir die Frage aber nicht beantwortet. Die Art und Weise, wie wir verfahren, muss dem jeweiligen Ziel dienen. Wir sind da nicht dogmatisch.

Wie heißen ja GrowSmarter. Es geht uns auch immer um die besten Wachstumsideen. Was war die  beste Idee, die du  jemals hattet?
Ich glaube, der erfolgversprechendste Weg ist nicht die totale Disruption sondern Adaption durch Innovation. Heißt: Erkenne gut funktionierende Geschäftsmodelle und übertrage sie in neue technologische Umfelder, die eine höhere Effizienz bieten. Dadurch können Menschen schneller und leichter verstehen, welchen Mehrwert Du ihnen bietest. Und genau darum geht es immer: Das Leben von Menschen ein kleines Stückchen besser zu machen.

In diesem Artikel
Hannes Hilbrecht

Hannes, Jahrgang 1993, gestaltet Content-Marketing-Projekte für die Digital-Agentur MANDARIN MEDIEN. Schrieb zuvor für Medien wie ZEIT ONLINE, den Berliner Tagesspiegel oder NDR.de. Ist nebenbei Fußballkolumnist. Erzählt jedem, den er trifft, dass er LeBron James interviewt hat. Für euch erreichbar unter: hannes.hilbrecht(ett)growsmarter.de

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