Social Media ist Emotional Media
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Social Media ist Emotional Media

Jens Schröder schreibt den Newsletter Trending und gilt als einer der größten Zahlenjongleure der deutschen Medienbranche. Wir haben #nureinefrage gestellt.

von Hannes Hilbrecht
Jens Schröder hat uns ein Selfie gemacht. © Jens Schröder

Wenn ich in meine Facebook-Timeline sehe, bekomme ich oft Trash angezeigt und vergleichsweise selten die Artikel von Zeitungen und Sendungen, die ich abonniert habe. Wie kann ernsthafter und seriöser Content diese Lücke schließen und welche Themen & Formate konsumierst Du - Mr. Trending -  in den sozialen Medien am liebsten?
Ich persönlich nutze vor allem Twitter. Als Info-und News-Junkie ist es DAS soziale Netzwerk, in dem ich in Echtzeit mitbekomme, was meine Timeline interessiert, bewegt, begeistert. Tweetdeck läuft bei mir ohne Unterbrechung auf einem Extra-Monitor während meiner kompletten Arbeitszeit. Facebook nutze ich nur für meine beruflichen Recherchen und Analysen, privat gar nicht, weil es mich nervt, wenn mir ein Algorithmus vorschreiben will, was mich zu interessieren hat. Instagram auch vor allem beruflich, privat ab und zu, aber nicht so viel, weil mir Fotos und Bilder im Vergleich zum geschriebenen Wort oft zu oberflächlich sind.

Wie "ernsthafter und seriöser Content" mehr Erfolg in den sozialen Netzwerken haben kann, ist natürlich eine Frage, die sich so mancher stellt: Redaktionen, Verlage, selbst Social Networks wie Facebook, die immer wieder sagen, sie hätten lieber mehr seriöse Inhalte in ihren Timelines als Verschwörungstheorien, Trash und Clickbaiting dt. Klickköder, spannende Medien und reißerische Überschriften sollen mehr Zugriffe und Klicks erzielen. Letztlich kommt es natürlich immer aufs Thema an. Nicht mit jedem wichtigen und seriösen Thema lässt sich ein Millionenpublikum erreichen.

Um die Erfolgschancen für ein wichtiges, relevantes Thema in den sozialen Netzwerken zu erhöhen, muss man sich immer wieder eins vor Augen führen: Social Media ist Emotional Media. Posts sollten also immer eine emotionale Komponente haben, ohne dabei in den Populismus und ins Clickbaiting abzudriften. Denn auch wichtige, ernsthafte Themen können in den sozialen Netzwerken viel erreichen, wenn sie richtig verbreitet werden. Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist das Plastik. Der Verbot von Wattestäbchen, Trinkhalmen und anderem war ein großes Thema bei Facebook & Co. Die Kommentare waren dabei nicht negativ, sondern vornehmlich positiv, denn durch die Verknüpfung des Verbots mit dem Grund - das viele Plastik in den Meeren - wurde jedem klar, dass ein solches Verbot etwas Gutes ist. Wichtiges Thema emotional verpackt bedeutet oft: großes, positives Feedback in den sozialen Netzwerken.

Quick & Dirty:

Die ungefilterte wöchentliche Arbeitszeit: Viel zu viel. Und wie es immer bei Freiberuflern ist: Zwischen Arbeit und "Freizeit" lässt sich oft nicht so recht trennen. Zumal dann, wenn man auch noch ein Home Office betreibt, in dem man so manchen Abend verbringt. Zum Beispiel, um #trending zu schreiben.

Dein Lieblings-Tool: Excel. Natürlich nutze ich für meine Analysen unendlich viele Tools und Daten - von Social-Media-Tools wie Crowdtangle und Talkwalker über traditionelle Daten wie die von IVW, AGOF, AGF. Am Ende landen all meine Zahlen aber doch immer in Excel. Denn dort, beim genauen Blick, beim Sortieren, Filtern und Rechnen, entstehen oft die spannendsten Artikel-Ideen.

Diese Personen inspirieren mich: Inspirationen hole ich mir nicht von konkreten, wiederkehrenden Personen. Sondern immer durch einzelne Dinge und Aspekte wie einen tollen Vortrag, einen spannenden Artikel oder ein interessantes Gespräch.

Meine größte Herausforderung: Da ich seit rund 20 Jahren alle Daten und Zahlen der Medienbranche analysiere, ist es immer wieder wichtig, die Relevanz richtig einzuordnen, um nicht den Fokus auf das wirklich Wichtige zu verlieren. Wenn ein Hashtag auf Twitter 50.000 deutsche Tweets generiert, ist das für das Medium eine beachtliche Zahl. Auch wenn ein Facebook-Post 50.000 Likes holt. Verglichen aber mit 10 Mio. "Tatort"-Zuschauern, 5 Mio. täglichen Bild-Nutzern im Web oder auch 350.000 zahlenden Spiegel-Abonnenten sind es eben vergleichsweise kleine Zahlen. Das sollten sich auch Medien immer wieder ins Gedächtnis holen, die schon einen "Shitstorm" oder eine Empörungswelle ausrufen, wenn es eine Handvoll Tweets zu einem Thema gibt.

In diesem Artikel
Hannes Hilbrecht

Hannes, Jahrgang 1993, gestaltet Content-Marketing-Projekte für die Digital-Agentur MANDARIN MEDIEN. Schrieb zuvor für Medien wie ZEIT ONLINE, den Berliner Tagesspiegel oder NDR.de. Ist nebenbei Fußballkolumnist. Erzählt jedem, den er trifft, dass er LeBron James interviewt hat. Für euch erreichbar unter: hannes.hilbrecht(ett)growsmarter.de

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